Granada reloaded
Eigentlich haben wir einigermassen gut geschlafen, im Falle von Erika vielleicht abgesehen von den Geräuschen, die ich angeblich mache, wenn ich schlafe. Okay: wenigstens ich habe einigermassen gut geschlafen…
Obschon die beiden beinahe-Autobahnen, die sich um uns schlängeln, ziemlich dominant sind. Dauernd brummt, rauscht und röhrt es – leider fast die ganze Nacht hindurch.
Zusammen mit der Tatsache, dass die sanitären Anlagen sehr zu wünschen lassen und sich die Abfallberge in den Eimern türmen, haben wir genügend Wenns-und-Abers beisammen, um uns eine kurzfristige Zügelaktion aka Flucht zu überlegen. Die neue Wunschdestination liegt nördlich von Granada, ist terrassenförmig angelegt, bekommt sehr gute Noten – und scheint ruhig zu sein.
Also deponieren wir in einer generalstabsmässigen Aktion unsere Stühle und den kleinen Tisch auf dem aktuellen Stellplatz, fahren die 20 Minuten in den Norden und holpern den Hügel hinauf zum anderen Campingplatz. Dort kann man nicht reservieren, sondern muss sich ab 12 Uhr in eine Schlange vor der Rezeption stellen. Wir sind um 11:30 dort und die Schlange ist kurz. Vielleicht bekommen wir deshalb einen sehr schönen Stellplatz auf der obersten Terrasse mit Blick auf Granada.
Wir haben noch ein paar Teile des täglichen Campingbedarfs, mit denen man seinen Besitzanspruch auf einen Stellplatz geltend machen kann. Also bleiben die Velos und der andere Tisch hier. Dann wieder zurück zum ersten Camping, kleinen Tisch und Stühle einpacken, grad extra nochmal aufs ungepflegte Klo und bei der verdutzten Rezeptionistin abmelden. Dann weiter zum bekannten Riesen-Lidl und etwas für den Grill und ein paar gesunde Sachen «bunkern».
Kurz noch beim benachbarten Tallere anklopfen. Er hat laut Beschilderung haufenweise Diagnostik-Geräte und viele Fahrzeuge harren in seiner Montagehalle der baldigen Behandlung. Aber Mercedes will der gute Patron nicht behandeln – zu gefährlich, meint er, weil die Deutschen zu kompliziert bei der Gewährleistung von Schadensersatzansprüchen seien. Jedenfalls haben wir den Dialog so interpretiert; Englisch scheint in Spanien eine sehr fremde Fremdsprache zu sein.
Google Maps führt uns zu einem Tallere mit Mercedes-Vertretung. Er schliesst wegen der überall grassierenden Siesta um 14 Uhr, aber wir stehen um 13:50 bereits vor verschlossenen Toren. Also zurück zum neuen Campingplatz; die beiden Frauen im Empfang zeigen sogar technisches Verständnis und geloben, bis morgen mit den Talleristen einen Termin für uns auszuknobeln.
Dieser Campingplatz hat auch eine Waschmaschine. Und da die Brise gerade so schön zwischen den Olivenhainen zu uns herauf säuselt, beginne ich, die Gegend mit sehr langen Wäscheleinen vollzuhängen und Erika mit Waschen.
Übrigens: am 12. September 1992 sind Erika und ich squashen gegangen – und wir sind trotzdem noch zusammen Das sind genau 30 Jahre und 7 Monate her…